Die Aufbauten einer Polis/Gesellschaft




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Moderator: lambrini

Die Aufbauten einer Polis/Gesellschaft

Beitragvon lambrini » Sa 1. Nov 2008, 20:36

Hallo zusammen

Weiter geht es mit der Erklärung

Soziale Gruppen und Bürgerbegriff in der Polis

Die Einwohner der Poleis waren Männer, Frauen, Kinder, Metöken (= ortsansässige freie Fremde), Periöken (= Umwohnende der Polis Sparta) und Sklaven. Als Personenverbandsstaat umfasste jede Polis nur die vollberechtigten, volljährigen männlichen Bürger (Politen) als Teilhaber an der „Herrschaft“ . Frauen, Kinder, Metöken, vorübergehend in der Stadt als „Touristen“ weilende Ausländer und Unfreie waren vom Vollbürgerrecht und damit von jeder Beteiligung an der Selbstverwaltung ausgeschlossen. Als Kleisthenes 508/507 in Athen die zehn neuen lokalen „Phylen einrichtete und die Demokratie schuf“ (Herodot, 6,131), schloss er diejenigen formal aus den Phylen aus, denen die geforderte familiäre Herkunft und/oder der dauernde Wohnsitz fehlte und die so nicht als Mitglied einer Deme registriert werden konnten. Damit beginnt die Geschichte der mit dem Begriff Métoikos bezeichneten Personengruppe.

Die Metöken durften keinen Grundbesitz erwerben und mussten regelmäßig, vermutlich monatlich, eine Kopfsteuer (Metoíkion ) bezahlen: 1 Drachme für einen erwachsenen Mann, eine halbe Drachme für eine unabhängige erwachsene Frau. Wohlhabende Metöken waren zudem verpflichtet, als Hopliten Militärdienst zu leisten. Zu Beginn des Peloponnesischen Krieges stellten die Metöken bei der Invasion in das Gebiet der Polis Megara (nach Thukydides, 2,31,2) 3.000 Hopliten. Weniger die Kopfsteuer war es, sondern vor allem der Militärdienst, der von den Metöken als Belastung empfunden wurde. Da die meisten Metöken aufgrund der Tatsache, dass sie kein Land erwerben konnten, auf landwirtschaftliche Aktivitäten verzichten mussten, waren sie vor allem im Bereich von Handwerk, Handel und Geldverleih tätig. Das klassische Athen zog als größte Polis der griechischen Welt die meisten Fremden an. Um 313 v. Chr. erreichte die Zahl der Metöken, die offiziell registriert waren, angeblich knapp die Hälfte der gesamten Vollbürger, deren Zahl freilich kurz zuvor stark geschrumpft war (10.000 Metöken und 21.000 Politen: Athenaios, Deipnosophistai 272 c.).

Ein Jahrhundert später war der Anteil der Metöken an der freien Bevölkerung vielleicht noch höher. Auch wenn der Status des Metöken am besten für Athen bezeugt ist, war er keineswegs auf diese Polis beschränkt. In etwa 70 Städten ist ihre Existenz während der klassischen und hellenistischen Epoche, wenngleich unter verschiedenen Bezeichnungen, bezeugt. In allen griechischen Städten stellten die „Bürger“ also nur einen Bruchteil der Gesamtbevölkerung einer Polis. Nicht die Gemeinschaft des Ortes, sondern die Teilhabe an der „Herrschaft“ und „Rechtsprechung“ machte den Stadtbewohner nach der literarisch bedeutsamsten Theorie des Polítes bei Aristoteles, Politik, 3,1, 1275 a, 3,7 ff. zum „Bürger“. Nur diesem war es vergönnt, ein „bürgerliches Leben“ (Bíos politikós) zu führen. Darunter verstand man die Lebensweise des Bürgers, in der seine „Freiheit“ (Eleuthería) Dasein hatte (siehe auch Achsenzeit).

Unter Berufung auf die alten Zeiten, wo nur Knechte und Fremde Handwerker waren, entschied sich Aristoteles, der berühmtste Metöke Athens, dafür, dass nur der Freie (eleútheros) - und das heißt für griechisches Denken: der vom Erwerb des Lebensnotwendigen freie, über ein Haus gebietende Mann - „Bürger“ genannt werden könne: Aristoteles, a.a.O., 1277 a 21 ff.

So ist der gemeineuropäische Bürgerbegriff vom antiken Stadtstaat aus gebildet worden. Der Verbandscharakter der Polis und die Freiheit der sie autonom regierenden Politen unterschieden die okzidentale Stadt grundlegend von der außereuropäischen (orientalisch-asiatischen) Stadt. Der europäische Bürgerstatus wurde von der klassisch-griechischen Philosophie (Platon, Aristoteles) auf den Begriff gebracht und blieb prägend für die weitere Entwicklung des europäischen Bürgerbegriffs im Mittelalter und der Neuzeit. (Lit. dazu M. Weber, a.O.741 ff.)

Frauen
Frauen hatten in der politischen Öffentlichkeit keinen Platz. Nur Priesterinnen konnten in gewichtige Positionen gelangen. Sonst standen die Frauen ein Leben lang unter der Vormundschaft ihres Mannes oder, falls dieser nicht anwesend oder gestorben war, unter der ihres Vaters bzw. ältesten Bruders. Frauen waren nicht testierfähig und konnten sich auch ihren Ehepartner nicht aussuchen. Eine materielle Abhängigkeit ergab sich daraus, dass Frauen nur sehr selten Eigentum besaßen. Schutz gegen den Mann konnte allenfalls die eigene Familie bieten.
Innerhalb des Oikos, der Verwaltung des Hauswesens, und in der Erziehung der Kinder war die Frau jedoch relativ frei und konnte große Bedeutung und hohes Ansehen genießen. Je nach Persönlichkeit und Stand konnte sie in der Lage sein, sich einen eigenen Lebensbereich zu schaffen.
Gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. begann ein philosophischer Diskurs über die Stellung der Frau. Platon forderte in seinem unvollendeten Alterswerk über die „Gesetze“ (gr. Nomoi, lat. de legibus) um 350, dass Frauen grundsätzlich gleichberechtigt sein und an der Ausbildung sowie den Symposien teilnehmen sollten (Plat. Nom. 781 A ff.). Mindestalter für ein Zeugnisrecht vor Gericht und für die Bekleidung von Staatsämtern solle bei den Frauen 40, bei Männern 30 Jahre sein (Plat. a.a.O. 937 A ). Männer seien vom 20. bis zum 60. Lebensjahr wehrpflichtig, Frauen von der Geburt ihres letzten Kindes bis zum 50. Lebensjahr, doch solle man sie im Militärdienst nicht überfordern (Plat. a.a.O. 785 B). Platons Ideen konnten teilweise zu einer Verbesserung der Rechte der Frau führen, ohne dass sich ihre grundsätzliche Stellung aber veränderte. Ca. 40.000 Frauen und Kinder.

Sklaven
Die unterste soziale Gruppe bildeten die Sklaven. Ein solcher wurde man meist durch Kriegsgefangenschaft oder Schuldknechtschaft. Sie besaßen keinerlei Rechte, somit waren sie voll und ganz von den Launen ihres Herrn abhängig. Die Unfreien konnten eine zentrale Stütze der Wirtschaft darstellen und zudem erst die zeitaufwändige politische Teilhabe der Vollbürger oder deren Abwesenheit während der Kriegszüge ermöglichen. Berühmt-berüchtigt sind die attischen Staatssklaven in den Silberbergwerken von Laurion, die unter vernichtenden Bedingungen vegetieren mussten und gleichzeitig durch ihre Arbeitsleistung die Finanzierung des Flottenbauprogramms des Themistokles 483 v. Chr. ermöglichten. Freilassungen aus dem Sklavenstand fanden äußerst selten statt. Freigelassene Sklaven stiegen in den Status eines Metöken auf. Das verstärkte die negativen sozialen Implikationen, die mit dem Status eines Metöken in Athen verbunden waren.


LG lambrini
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Wichtig ist jedoch,das wir unseren Weg mit Freude gehen .
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